Das Konstruktions-Prinzip Low Tech
Unser Alltag ist zunehmend digitalisiert und durch High Tech durchzogen, zum Teil auch bei Geräten, wo man es im ersten Moment nicht erwarten würde: Wir befinden uns im Zeitalter von Web 3.0, Industrie 4.0 und Big Data. Im folgenden Artikel soll es aber mal um ein völlig anderes Prinzip von Technikverständnis gehen, welches konträr zum Begriff High Tech ist: Es geht um das Prinzip Low Tech.
Low Tech – denn einfach ist manchmal einfach besser
Low Tech ist ein Begriff der Technik deklariert, die sich durch die Prämissen einfache Funktionalität, einfache Herstellung, einfache Bedienung, Robustheit und last but not least einfache Wartungsmöglichkeit auszeichnet. Diese Prinzipien beziehen sich allein auf die praktische Umsetzung, nicht aber auf deren Entwicklung, denn meist kommen hier die allerneuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Standards zur Anwendung: Die Entwicklung ist absoluter State of the Art, es handelt sich also nicht um irgendwelche Konstruktionen bestehend aus Kaugummi, Streichholz, Taschenmesser und Alufolie à la MacGyver.
Warum Low Tech?
Auch wenn es für viele Anwendungsbereiche mittlerweile vollautomatische, elektrische High-Tech-Varianten gibt, die sich in ihrer Handhabung deutlich komfortabler gestalten, als ihre mechanischen Verwandten, kommt Low Tech nach wie vor zum Einsatz, ein einfaches Beispiel für diesen Umstand findet sich im Dosenöffner. Stellt sich nun die Frage, warum überhaupt dieser bewusste Verzicht auf komplizierte Technik beim Prinzip Low Tech? Neben dem Preis spielt das Einsatzgebiet eine Rolle. Zum einen sind elektronische High-Tech-Varianten deutlich teurer als Low-Tech-Varianten, zum anderen in ihrem Aufbau auch deutlich komplizierter und filigraner. Dieser Umstand stellt gerade in Entwicklungsländern ein echtes Problem dar, da die komplexen High-Tech-Konstruktionen häufig den rauen Bedingungen vor Ort nicht gewachsen sind und sich in der dortigen Umgebung als deutlich fehleranfälliger als einfache Lösungen erweisen. Die zugrundeliegende Einfachheit bei Low Tech sorgt bei entsprechenden Produkten hingegen für eine hohe Robustheit und somit längerer Lebensdauer.
Nach dem Defekt kommt die Wartung
Generell hofft man bei Produkten bzw. Geräten auf eine möglichst lange Lebensdauer, wenn aber dann doch mal ein Defekt vorliegt, ist der Neuerwerb für teures Geld nicht immer die beste Lösung, gerade bei teuren Produkten. In diesen Fällen schlägt die Stunde der Wartung. Gerade die Wartung von High Tech in Entwicklungsländern hat sich häufig als schwierig gestaltet, sei es aufgrund fehlenden Know-hows, fehlender Ersatzteile oder fehlenden Spezial-Werkzeugs. In diesen Regionen müssen meist praktische Behelfslösungen oder andere kreative Ansätze genutzt werden, um Dinge am Laufen zu halten. Diesem Umstand trägt Low Tech Rechnung, denn entsprechende Konstruktionen sind so konzipiert, dass sie vor Ort gewartet werden können, da von vornherein die örtlichen Gegebenheiten und die Infrastruktur bei der Konzeption in Betracht gezogen werden.
So wird meist versucht, wo es sich als möglich erweist, auf Elektronik und Batterien zu verzichten und Konstruktionen zu erschaffen, die über reine Muskelkraft in Betrieb genommen werden können. Auch werden bei Low Tech Konzepten andere Aspekte ebenfalls berücksichtigt, bspw. ob für den Fall, dass ein Gerät für seinen ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr gebraucht wird, eine leichte Demontage möglich ist, so dass evtl. einzelne Teile anderweitig verwendet werden können.
Technische Entwicklung und Fortschritt heißt also nicht zwangsläufig für alles und jedes eine komplizierte High-Tech-Umsetzung finden zu müssen, sondern in manchen Fällen, dass die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Konstruktionsprinzipien eingesetzt werden, um simple Lösungen für Anwendungsbereiche zu finden, denn manchmal ist einfach, einfach besser.
Schreiben Sie einen Kommentar