29. November 2019

Jens Herder: Die Zukunft der Digitalisierung

Kategorie: Innovation

Welche positive Eigenschaften sehen Sie in der zunehmenden Digitalisierung?

Im Fachbereich Medien habe ich eigentlich immer nur über diese “Digitalisierung” geschmunzelt. Wie es auf einmal heißt, wir sollen “mehr digital” werden oder sowas. Aber eigentlich ist doch schon alles digital. Wenn ich Video, Audio oder sonst etwas aufnehme, dann ist das meist digital. Genauso, wenn ich meine Modelle erstelle. Alles digital. Für mich ist die Digitalisierung etwas, was im Bereich der Verwaltung wichtig ist. Wichtig ist, dass wir von dem Papierkriegen wegkommen.

Wie werden sich Arbeit und Industrie durch die Digitalisierung Ihrer Meinung nach verändern?

Meine Spezialität ist u.a. die virtuelle Realität und bisher hat man sie immer nur dazu genutzt um sich etwas anzuschauen, um eine Idee rüberzubringen. Das ändert sich. Inzwischen können wir in der virtuellen Realität Dinge erzeugen. Das heißt: wir werden dort arbeiten, uns dort treffen und auch dort kommunizieren. Reisen werden weniger werden. Ein Beispiel dafür: wir planen mit dem Künstler Shinpei Takeda eine Installation in Nagasaki. Das ist in Japan und ziemlich weit weg. Wir mussten diese Idee pitchen und das haben wir hier aus dem Studio gemacht. Per Videokonferenz waren wir sozusagen im Studio und haben nach Japan live gesendet. Wir haben uns den Ort wo die Installation hin soll im Studio platziert. Wir waren sozusagen in Nagasaki, visuell. Dann haben wir eine App mit Augmented Reality verwendet und haben dann es so demonstriert, als ob sie in Nagasaki verwendet wird. Das hat auch funktioniert, da das Grün auch von der Kamera der App aufgenommen wurde und dann eingesetzt wurde. Das Panorama in Nagasaki.

Sind Sie dann der Meinung das die Digitalisierung der Arbeit und der Industrie das man sich virtuell mehr trifft und austauscht und arbeitet und digitaler wird, sozusagen?

Ja, wir haben hier zum Beispiel auch ein Motion-Capturing-System das auch live funktioniert. Bisher mussten wir immer Vorvisualisierungen schwierig erstellen um die Kameraführung und ähnliches zu testen. Jetzt nehmen wir einfach eine Bewegung auf, haben einen Avatar und können dann mit dem Avatar das testen was wir eigentlich tun wollen.

Vielleicht nochmal in zwei Sätzen erklären: Was ist Motion Capturing?

Bewegungsaufzeichnung. Wir können Bewegungen eines Menschen aufzeichnen und diese im virtuellen Raum rekonstruieren.

VR/AR – was glauben Sie, wie sich das noch weiterentwickelt?

Zum Thema Virtual Reality. Wenn wir uns mal so einen Helm anschauen. Der ist noch schwer, braucht aktuell noch ein bisschen Kabel. Das wird alles leichter und drahtlos sein. Wir machen im Moment noch einen großen Unterschied zwischen VR und AR. Ich denke mal, AR hat wesentlich mehr Potenzial. Das liegt daran, dass wir in unserer normalen Umgebung die Geräte benutzen wollen. Das Stichwort ist Kommunikation. Dafür gibt es im Moment spezielle Augmented-Reality-Brillen, aber wenn wir uns diese Brille anschauen, dann hat die auch hier zwei Kameras. Das ist eine Video-See-Through-Sache die eigentlich nur in geringer Auflösung dazu da ist, dass ich nicht gegen irgendetwas laufe. Aber man kann damit auch AR machen. Die Trennung von AR und VR wird verschwinden. Wir werden im weichen Übergang zwischen den beiden Welten gehen können.

Inwieweit glauben Sie das sich diese beiden Gebiete VR/AR oder dann irgendwann diese Vermischung aus Beidem im Alltag durchsetzt? Weil jetzt hat man wenig Berührungspunkte außer man macht irgendwo wirklich was Videospiele-mäßig in diese Richtung. Aber glauben Sie – und wenn ja, wie integriert sich das in unserem persönlichen Alltag?

Wenn ich mir jetzt ein Handy anschaue – das ist ja schon eine Form von AR. Wir nutzen das schon in unserer Umgebung und kriegen zusätzliche Informationen. Der CEO von Samsung hatte jetzt kürzlich gesagt: Die Handys, so wie wir sie kennen, wird es noch in fünf Jahren geben. Dann werden die Geräte so langsam verschwinden.“ Und was wird dann kommen? Natürlich werden wir noch auf Informationen zugreifen wollen, werden ein besseres Interface haben und das ist vielleicht dann eine Brille.

Also glauben Sie tatsächlich, dass wir das Handy irgendwann nicht mehr in der Hand haben werden, sondern laufen alle dann mit einer Brille rum?

Ich finde rumzulaufen mit dem Handy, wie ein Zombie oder stehen zu bleiben in der realen Welt und in die Virtuelle zu springen, weil man dann eine E-Mail liest oder mit jemandem kommuniziert… das ist doch quatsch. Das ist nicht so wie wir kommunizieren wollen. Das muss also integrativer Teil unserer normalen Umgebung werden und das wird auch geschehen.

Das könnte ja theoretisch auch was anderes sein, oder?

Alle Welt wird so geschädigt sein, da sie die ganze Zeit Handys benutzt haben. Also ich seh das so, dass jetzt viele Leute eine Brille tragen müssen. Eine Brille zu tragen ist dann nicht ganz so schlimm. Aber man kann es auch anders machen, wir können auch über Projektionen oder große Displays arbeiten. Also, wenn alle Wände um uns herum Displays sind, dass dort dann die Informationen erscheinen.

Also hat das Handy Ihrer Meinung nach ein Verfallsdatum?

Ja.

Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft in max. 10 bis 20 Jahren aus? Was verändert sich?

Eigentlich nicht viel, glaube ich. Die Geräte die wir benutzen werden vielleicht einfacher sein. Die Kommunikation wird überall gehen. Ich bin auf meinem Fahrrad und rede trotzdem oder sehe jemanden, mit dem ich reden muss. So eine Videokonferenz wird noch einfacher sein.  

Wie sehen Sie die Veränderung der Unterhaltungsmedien?  

Wir kriegen immer mehr Kanäle. Es findet eine gewisse Individualisierung statt und jeder kriegt sozusagen auch die Technik in die Hand selber zu streamen. Es gibt dann sozusagen spezielle Interessengruppen, die dann auch gemeinsam kommunizieren und dann auch Medien selber erstellen. Das große Angebot, wird wahrscheinlich nicht mehr so stark sein.

Wie verändert sich Ihrer Meinung nach die Mobilität in der Zukunft?

Na ja, wenn wir uns jetzt die ganze CO2-Diskussion anschauen, dann dürften wir ja nicht mehr fliegen oder sowas. Eine Lösung dazu ist, dass wir per Digitalisierung an einen anderen Ort gehen und vielleicht Reisen dann einsparen können.

Was sind Ihrer Meinung nach die Vorteile in der Digitalisierung in einer immer älter werdenden Gesellschaft? Was glauben Sie, was möglich sein wird?

Das Haus selber oder die Umgebung wird den Benutzer unterstützen können. Wenn ich jetzt mal an ein Haus denke – die Lüftung kann selbst anspringen oder auf die Temperatur achten, jemanden erinnern irgendwas zu tun und auch von den Abläufen des Lebens lernen und sich entsprechend anpassen. Unsere Umgebung wird intelligent werden, auf uns reagieren und den Raum dann bestmöglichst optimieren. #00:11:55-7# 

Was glauben Sie so zeitlich? Wie weit sind wir da schon? Wie lange könnte das noch dauern?  

Na ja. Fünf Jahre?

Letzte Frage: Digitialisierung, Fluch oder Segen?

Ich finde die Diskussion eigentlich falsch. Warum darüber reden? Sie kommt. Wir müssen einfach nur tun.

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