31. Juli 2018

Die Logistik der letzten Meile im Fokus

In diesem Artikel geht es um das Problem der letzten Meile. Sicherlich stellt dies auch für einen Marathonläufer eine echte Herausforderung dar, aber in diesem Fall geht es vielmehr um die Logistik, beziehungsweise das Ende der sogenannten Supply Chain, die gerade für viele Anbieter oder (KEP)-Dienstleister nach wie vor eine echte Herausforderung darstellt.

Die Letzte-Meile-Logistik

Runtergebrochen geht es um die logistische Herausforderung, Bestellungen direkt zum Kunden zu transportieren. Der Warentransport vom Depot der Kurier-, Express- und Paketdienste (kurz KEP-Dienste) zur Haustür des Kunden firmiert unter dem Begriff Letzte-Meile-Logistik und stellt eine echte Herausforderung dar. Während die Warenanlieferung im B2B-Bereich zumeist soweit geregelt ist, dass die Anlieferung relativ geplant erfolgen kann, da die meisten Unternehmen eine eigene Poststelle bzw. eine eigene Warenannahmestelle haben, sieht es bei der Logistik problematischer aus, sobald Privatpersonen involviert sind. In Zeiten von eCommerce hat sich das Konsumverhalten der Nutzer schlicht geändert: Es werden immer mehr Waren online bestellt. Das Wachstum des Online-Handels ist immens und insbesondere das Bestellaufkommen von Privathaushalten führt zu einem immens steigenden Bedarf an KEP-Dienstleistungen.

Das Problem der letzten Meile bei Privatpersonen

Als KEP-Dienst liegt der Fokus darauf, die Tourenplanung möglichst ökonomisch zu gestalten. Wie können Wege effizient geplant und gestückelte Warensendungen sinnvoll zusammengefasst werden, wie viel Zeit ist für eine Paketauslieferung überhaupt noch praktikabel? Alles ist eng getaktet, damit die Zustellkosten möglichst gering sind, und unerwartete Verzögerungen, die die Planung auf den Kopf stellen, sind der Todfeind. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt dabei das Kundenverhalten. Wann ist ein Kunde für die Paketannahme überhaupt anzutreffen und wenn nicht, was mit dem Paket anderweitig tun? Die wachsende Mobilität der Menschen, die steigende Anzahl an berufstätigen Frauen und die steigendende Anzahl an Singlehaushalten sorgt dafür, dass die Wahrscheinlichkeit für eine persönliche Paketentgegennahme in der Tat deutlich gesunken ist.

Lösungsansätze für die letzte Meile

Für die KEP-Dienstleister gilt es zu verhindern, den Zustellversuch erneut wiederholen zu müssen, da dies zusätzliche Kosten verursacht. Nur allzu verständlich, dass an verschiedensten Konzepten gefeilt wird, wie man diese konkrete und immer wieder auftretende Problematik deutlich entschärfen kann. Ein Ansatz ist die Nutzung von Paketshops oder Paketstationen, die sich in der Nähe von vielbesuchten Einkaufsmärkten oder Tankstellen befinden. Der Gedanke dahinter: Kunden können bei einer regelmäßig erfolgenden Tätigkeit wie Einkaufen oder Tanken auch gleich ihr hinterlegtes Paket mitnehmen. Bei diesem Konzept soll also der Kunde zwar zur Ware kommen, hat aber zumindest den Vorteil, dass das Abholen der heiß ersehnten Bestellung auch nach Feierabend noch stattfinden kann – bei Paketshops aufgrund der meist deutlich längeren Öffnungszeiten und bei Paketstationen sogar rund um die Uhr. Aber da der mit einem Online-Kauf verbundene Komfort der „An-die-Haus-Lieferung“ wegfallen würde und mit zusätzlichen Wegen verbunden wäre, ist es sehr fraglich, ob sich dieses Konzept als Primärlösung durchsetzen wird, eine gute Ergänzung ist es aber schon jetzt.

Der zweite Ansatz ist vom Grundgedanken deutlich serviceorientierter und bringt auch weiterhin die Ware zum Kunden, denn ein zufriedener Kunde, dem die Ware direkt vor die Tür geliefert bekommt, wird auch potentiell bereit sein, zukünftige Bestellungen erneut über den gleichen Weg zu tätigen. Je nach Anbieter werden dabei verschiedene Ansätze präferiert. Einige wollen über eine verstärkte Kommunikation zwischen KEP-Dienstleister und Kunden das Risiko minimieren, dass die Erstzustellung fehlschlägt. Andere Anbieter geben dem Besteller die Möglichkeit, beim Bestellprozess auch direkt ein Zeitfenster anzugeben, wann die Auslieferung bzw. die Annahme erfolgen soll. Auch wird dem Kunden die Möglichkeit geboten, eine Telefonnummer zu hinterlegen, so dass bei einer misslungenen Zustellung unmittelbar ein Alternativtermin vereinbart werden kann.

Als einen weiteren Ansatz denken viele KEP-Dienstleister über sogenannte Box- bzw. Paketannahme-Systeme nach, die außerhalb der Haustür bzw. Wohnungstür angebracht werden können, um so eine Möglichkeit zu haben, auch bei Abwesenheit des Kunden, die Pakete abgeben bzw. verstauen zu können. Allerdings sind die bisherigen Boxen meist nur für einzelne Liefer-Unternehmen offen und die Kosten für die Anschaffung muss der Nutzer selbst aufwenden. Damit ein entsprechendes System aber Akzeptanz bei den Kunden findet, muss es zum einen offen für alle Paketunternehmen sein, zum anderen sollten die Kosten für die Anschaffung nicht an den Endverbraucher abgewälzt werden.

Verstopfte Verkehrsadern

Erfolglose Zustellversuche sind ein Problem, aber auch sonst sind Sendungen an Privathaushalte generell eine teure Angelegenheit. Die kleinen Liefermengen und verteilten Orte für die Auslieferung verursachen derart hohe Kosten, dass man davon ausgeht, dass mittlerweile die Gesamtkosten für private Paketauslieferungen bei etwa 50 % liegen. Einen weiteren Kostenfaktor im städtischen Liefergebiet stellen verstopfte Verkehrsadern dar. Das Wachstum des Online-Handels führt als Folgeerscheinung dazu, dass immer mehr Zustellfahrzeuge in der Stadt unterwegs sind und so für noch mehr Stau sorgen. Park- und Halteplätze sind kaum vorhanden, so dass Zustellfahrzeuge oft einfach in zweiter Reihe halten. Je nach Statistik wird davon ausgegangen, dass etwa 30 % des Verkehrs und ca. 80 % der Staus in Städten von Zustellfahrzeugen erzeugt wird – je nach Region dürfte dieser Wert variieren. Dies hat zur Folge, dass Paketdienstfahrer ihre Timings für Touren kaum einhalten können – ein echter Teufelskreis.

Ein Lösungsansatz, um dieser Problematik habhaft zu werden, testen DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS gemeinsam seit Juni mit dem Pilotprojekt KoMoDo in Berliner Stadtteil Kreuzberg. Dabei geht es um gemeinsam genutzte Mikro-Depots, bei denen für die Auslieferung innerhalb der letzten Meile Cargobikes genannte Lastenräder zum Einsatz kommen. Durch diesen anbieteroffenen Ansatz sollen für alle Beteiligten optimalere Tourenplanungen ermöglicht werden, zumal im innerstädtischen Bereich nutzbare Flächen für das Bauen von Depots kostbar sind, weil Mangelware. Sollte sich das Modell als effizient erweisen, sollen die Erkenntnisse und Ergebnisse übergreifend in der KEP-Branche verankert werden.

Welcher Lösungsansatz sich durchsetzen wird, wird sich noch zeigen müssen, fest steht aber, dass sowohl der Online-Handel als auch das Verkehrsaufkommen in den Großstädten noch deutlich zunehmen werden. Alternative Lieferkonzepte werden daher dringend benötigt.

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